Greenwashing bei Aldi – foodwatch: Handelskonzern muss irreführende Klimawerbung auf Milch stoppen

Pressemitteilung

Berlin, 22. Juni 2022. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat Aldi aufgefordert, Milch nicht mehr als „klimaneutral“ zu bewerben. foodwatch kritisierte, dass Aldi bei der „Landmilch“ seiner Eigenmarke FAIR & GUT keine ernsthaften Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasmissionen durchführe. Stattdessen setze der Discounter auf Kompensationsprojekte, mit denen die CO2-Emissionen angeblich ausgeglichen werden sollen. Zwei dieser Projekte seien jedoch höchst fragwürdig, unter anderem eine Eukalyptus-Monokultur in Uruguay, in der Glyphosat gespritzt wird. Das ZDF-Magazin Frontal berichtete am Dienstagabend über das Projekt. Milch sei außerdem kein besonders klimafreundliches Produkt und solle deshalb grundsätzlich nicht als „klimaneutral“ beworben werden, so foodwatch.

„Greenwashing mit Klima-Labeln liegt im Trend – die vermeintlich klimaneutrale Aldi-Milch ist ein Musterbeispiel dafür. Der Discounter rechnet ein per se nicht klimafreundliches Produkt mit fragwürdigen CO2-Zertifikaten grün“, kritisierte Manuel Wiemann von foodwatch. „Verbraucher:innen können sich auf Klima-Werbung überhaupt nicht verlassen. Wir brauchen ein Verbot von Umwelt-Werbelügen und endlich wirksame Klimaschutz-Gesetze, die auch die Landwirtschaft in die Pflicht nehmen.“

Die als „klimaneutral“ beworbene FAIR & GUT Landmilch 3,8 % Fett Milch wird als Eigenmarke bei Aldi Nord und Süd vertrieben und von der Molkerei Gropper hergestellt. Obwohl die Aldi-Milch bereits seit November 2020 als „klimaneutral“ verkauft wird, stelle Aldi keine effektive Reduktion der Treibhausgas-Emissionen sicher, kritisierte foodwatch. Die Molkerei Gropper, und damit auch Aldi, hat nach eigenen Angaben noch nicht einmal einen Überblick darüber, wie hoch der CO2-Ausstoß der Milchlieferbetriebe tatsächlich ist. Erst bis Oktober 2022 sollen die genauen Emissionswerte der Rohmilch vorliegen. Verbindliche Reduktionsmaßnahmen für die Landwirt:innen fehlen bisher. „Wenn uns die Treibhausgasmissionen der einzelnen Milchlieferbetriebe im IST vorliegen, können wir mit der Planung von Reduktionsmaßnahmen starten“, erklärte Gropper in einer E-Mail an foodwatch. Dabei sind die Einsparungen auf den Höfen entscheidend, denn 89% der Emissionen für die Aldi-Milch stammen nach Angaben von der Molkerei aus den Rohstoffen, also der Milchproduktion. Gropper erkläre zudem die Einhaltung von Tierschutz-Maßnahmen als Klimaschutz und brüste sich etwa damit, dass die Ställe nicht mehr „überbelegt“ werden, bemängelte foodwatch.

Statt die Emissionen der Milchherstellung konsequent zu reduzieren, kauft Aldi zum CO2-Ausgleich Zertifikate von Kompensationsprojekten. Zwei dieser Projekte sind laut foodwatch-Recherchen höchst fragwürdig. Das ZDF-Magazin „Frontal“ berichtete am Dienstag über ein Aufforstungsprojekt in Uruguay. In dem Projekt in Guarané werden Monokulturen aus Eukalyptus angelegt. Dabei kommen die Pestizide Glyphosat und Fipronil zum Einsatz. Aldi nutzt außerdem Zertifikate eines umstrittenen Waldprojekts in Tambopata/ Peru. Eine foodwatch-Recherche hatte im vergangenen November gezeigt, dass das Projekt nicht die Anforderungen an Kompensationsprojekte erfüllt und keine Klimaschutz-Zertifikate ausgeben dürfte. Der Handelskonzern Rewe hatte die Zusammenarbeit mit Tambopata in der Folge gestoppt.

„Statt den Treibhausgasausstoß vor Ort auf dem Bauernhof soweit wie möglich zu reduzieren, betreibt Aldi billigen Ablasshandel. Der Discounter setzt zum Ausgleich der Emissionen auf Eukalyptus-Monokulturen, in denen mit dem Ackergift Glyphosat Artenvielfalt zerstört wird. Verbraucher:innen, die der Umwelt mit dem Kauf der Milch etwas Gutes tun möchten, werden dreist getäuscht“, sagte Manuel Wiemann von foodwatch.

foodwatch bewertet Klima-Werbung auf tierischen Produkten grundsätzlich als kritisch. Dreiviertel aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft entfallen auf die Tierhaltung. Will Deutschland seine Klimaziele erreichen, muss die Zahl der Tiere und insbesondere der Kühe drastisch reduziert werden.

Der Handelskonzern Aldi Süd wurde vergangenes Jahr von der Wettbewerbszentrale für die Werbung mit „erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler“ verklagt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die Europäische Kommission hat im März einen Entwurf für die Regulierung von Umweltwerbung vorgelegt. Wenn die Richtlinie vom Europarat und Europaparlament angenommen wird, müssten Unternehmen Vorgaben erfüllen für Klima-Werbung. foodwatch begrüßt die Initiative zum Schutz der Verbraucher:innen vor irreführender Werbung, sieht jedoch große Schlupflöcher im Gesetzesentwurf. So sei es weiterhin möglich, klimaintensive Produkte wie Fleisch, Heizöl und Einweg-Plastik als „klimapositiv“ zu bezeichnen.

Links:

E-Mail-Petition: Aldi, stopp die Klimalüge!

Quellen und weiterführende Informationen:

Recherche zu den Klimaschutzmaßnahmen bei der Aldi-Milch
Recherche zum Kompensationsprojekt in Guanaré, Uruguay (Aufforstung)
ZDF Frontal Beitrag “Klimaneutral mit ALDI”?
Recherche zum Kompensationsprojekt in Tambopata, Peru (Waldschutz)

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Vor G7-Gipfel: foodwatch fordert strenge Regulierung der Agrarspekulation – Kanzler Scholz muss Thema auf die Agenda setzen!

Pressemitteilung

Berlin, 21. Juni 2022. Vor dem G7-Gipfel in Deutschland hat foodwatch Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, das Thema Agrarspekulation auf die Agenda des Treffens zu setzen. Die Staats- und Regierungschefs müssten sich endlich auf gemeinsame Regeln einigen, um die Wetten an den Rohstoffbörsen stärker einzudämmen. Die exzessiven Spekulationsgeschäfte würden die aktuellen Preisanstiege etwa für Getreide zusätzlich befeuern, so foodwatch. Menschen in ärmeren Ländern seien dadurch von Hunger bedroht.

„Olaf Scholz muss das Thema Agrarspekulation auf die Agenda des G7-Gipfels setzen! Seit dem Angriff auf die Ukraine wächst die Spekulation mit Nahrungsmitteln dramatisch – und das treibt die steigenden Lebensmittelpreise auf fatale Weise zusätzlich in die Höhe. Während Investoren an der Börse mit Wetten auf Mais und Weizen das schnelle Geld machen, können sich Menschen in Ländern wie Nigeria oder dem Libanon kein Brot mehr leisten. Die G7 müssen der Zockerei auf Kosten der Ärmsten endlich einen Riegel vorschieben“, sagte foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann.

Die Verbraucherorganisation startete unter www.foodwatch.org/de/mitmachen/brot-statt-profit-stoppt-das-geschaeft-mit-dem-hunger/ eine Online-Protestaktion, die bereits knapp 30.000 Menschen unterzeichnet haben. Die Forderung: Die G7 müssen strenge Obergrenzen für Spekulationsgeschäfte, sogenannte „Positionslimits“, einführen, die festlegen, wie viele solche Finanzwetten Anleger überhaupt abschließen dürfen. Die bisher geltenden Obergrenzen, etwa in der EU, seien viel zu lax, um die Spekulation wirksam zu begrenzen, kritisierte foodwatch.

Ein gewisses Maß an Agrarspekulation sei zwar durchaus wichtig, damit sich zum Beispiel Landwirt:innen und Agrarfirmen gegen schwankende Preise absichern könnten, betonte foodwatch. Mittlerweile hätten sich die Finanzwetten aber längst von dieser ursprünglichen Funktion abgekoppelt. Das Volumen der Spekulationsgeschäfte an den Rohstoffbörsen ist seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sprunghaft angewachsen, wie das Recherchenetzwerk Lighthouse kürzlich am Beispiel zweier großer Investment-Fonds vorgerechnet hat: Im gesamten Jahr 2021 hatten die Fonds lediglich knapp zweihundert Millionen Dollar investiert – in den ersten vier Monaten dieses Jahres allein schon das Sechsfache.

Die Lebensmittelpreise sind in den letzten Wochen weltweit massiv gestiegen. Laut den Vereinten Nationen liegen die Preise um 34 Prozent höher als vor einem Jahr und haben den höchsten Stand seit 1990 erreicht. Die Preise steigen aus zwei Gründen: Zum einen fürchten Unternehmen und Händler aufgrund des russischen Angriffskriegs ein verknapptes Angebot von Weizen, Pflanzenölen und Phosphat-Dünger aus der Schwarzmeer-Region sowie von Erdöl und Erdgas aus Russland. Zum anderen befeuerten Finanzwetten auf steigende Rohstoffpreise die Preise zusätzlich, kritisierte foodwatch.

Auch die Vereinten Nationen warnen aktuell vor den Folgen der Finanzwetten. Das „World Food Programme“ der UN benötigt zum Beispiel nach eigenen Angaben etwa 50 Prozent mehr Mittel als 2019.

foodwatch hatte in dem Report „Die Hungermacher“ bereits 2011 ausgiebige Recherchen zur Agrarspekulation veröffentlicht und eine wirksame Regulierung der Geschäfte gefordert.

Link:

foodwatch-Petition gegen exzessive Agrarspekulation: https://www.foodwatch.org/de/mitmachen/brot-statt-profit-stoppt-das-geschaeft-mit-dem-hunger/
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Geheimhaltung und Verzögerungstaktik nach Salmonellenbefall: foodwatch kritisiert Ferrero und fordert Reformen im Kontrollsystem

Pressemitteilung

Berlin, 14. April 2022. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat Ferrero schwere Versäumnisse beim Krisenmanagement vorgeworfen. Der Süßwarenkonzern hätte die Behörden sofort über den Salmonellen-Ausbruch in seinem Werk in Belgien informieren müssen. Dann hätten Verbraucher:innen schneller gewarnt werden können, kritisierte foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte Reformen im Kontrollsystem: Sowohl Lebensmittelhersteller als auch Behörden müssten per Gesetz dazu verpflichtet werden, Missstände immer sofort öffentlich zu machen.

Ferrero hatte erst Anfang April zugegeben, am 15. Dezember bei Eigenkontrollen in einem Werk in Belgien Salmonellen gefunden zu haben – der Konzern hatte das damals aber nicht den Behörden gemeldet. Vielmehr wurde der Fall erst öffentlich, nachdem die Gesundheitsbehörden in Großbritannien auf ungewöhnlich viele Salmonellen-Fälle stießen und Nachforschungen anstellten. Am 23. März konnten die britischen Behörden eine erste Verbindung zwischen den Fällen und Ferrero-Produkten herstellen und informierten darüber auch den Konzern. Das bestätigten die Behörden in Großbritannien gegenüber foodwatch. Trotzdem dauerte es dann noch einmal fast zwei Wochen, bis Anfang April, bis Ferrero die Behörden in Belgien informierte und erste öffentliche Rückrufe startete.

„Ferrero entdeckt Salmonellen in seiner Produktion, behält das aber für sich – und produziert weiter. Erst als Behörden in Großbritannien misstrauisch werden, weil es verdächtig viele Salmonellen-Fälle gibt, rückt der Konzern mit der Sprache raus. Hätte Ferrero den Salmonellen-Befall in seinem Werk umgehend den Überwachungsbehörden gemeldet, hätten Verbraucher:innen überall in Europa viel schneller gewarnt werden können. Der Fall Ferrero zeigt einmal mehr die Schwachstellen bei der Lebensmittelsicherheit“, sagte Rauna Bindewald von foodwatch.

foodwatch forderte zudem das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf, die Verzögerung bei Rückrufen in Deutschland zu erklären: Die Behörden in Großbritannien hatten bereits am 2. April Produkte zurückgerufen, in Deutschland gab es erst am 5. April Rückrufe.

Quellen und weiterführende Informationen:

Bericht von EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde und EU-Gesundheitsbehörde zu Ferrero: https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/ROA_monophasic-S-Typhimurium-ST34-linked-to-chocolate_2022-00014_UK-FINAL.pdf
Ferrero-Rückrufe auf dem Behördenportal www.lebensmittelwarnung.de

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Supermarkt-Check 2022: Edeka erneut Schlusslicht bei Menschenrechten

[Presse-Info]

Edeka nimmt Ausbeutung in seiner Lieferkette weiter in Kauf – Lidl, Aldi und Rewe machen Fortschritte

Berlin, 5. April 2022. Unter den großen Supermarktketten in Deutschland fällt Edeka beim Schutz von Menschenrechten in den Lieferketten ihrer Produkte weiter zurück. Das zeigt der aktuelle Supermarkt-Check der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam. Während die Supermärkte Aldi, Lidl und Rewe Fortschritte beim Umgang mit Menschenrechten in ihren Lieferketten gemacht haben, bleibt Edeka stur. Die Folge: Der Konzern bleibt im Supermarkt-Check 2022 abgeschlagenes Schlusslicht. Dies zeigt, dass freiwillige Initiativen nicht ausreichen. Es braucht wirksame Gesetze, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

Mit dem Supermarkt-Check analysiert Oxfam seit 2018 regelmäßig den Umgang von großen Einzelhandelskonzernen mit Menschenrechten in ihren Lieferketten. Dabei werden die Themen Transparenz, Arbeitnehmerrechte, der Umgang mit Kleinbäuer*innen und Frauenrechte unter die Lupe genommen. Seit dem ersten Check hat sich etwa Lidl von fünf auf 59 Prozent gesteigert, Rewe von einem auf 48 Prozent. Edeka hingegen erreicht auch beim diesjährigen Supermarktcheck nur elf Prozent der möglichen Punkte.

„Der Supermarkt-Check zeigt: Edeka ist Schlusslicht beim Schutz von Menschenrechten. Aldi, Lidl und Rewe machen Fortschritte, doch auch bei ihnen spielen Menschenrechte weiterhin nur eine Nebenrolle“, sagt Tim Zahn, Oxfam-Experte für Wirtschaft und Menschenrechte. Die Folgen: Arbeiter*innen in den Lieferketten der Supermärkte werden weiter ausgebeutet. Tim Zahn weiter: „Für einen ganzen Tag Arbeit erhalten Beschäftigte in Costa Rica bei einem Ananas-Zulieferer von Edeka beispielsweise nur 4,50 Euro – ein Lohn weit unter dem Existenzminimum.“

Bereits mehrfach haben Oxfam-Studien in der Vergangenheit Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten der deutschen Supermärkte aufgedeckt. Diese zeigten etwa sklavenähnliche Arbeitsbedingungen im Kaffeeanbau in Brasilien.

Fortschritte bei Aldi, Lidl und Rewe

Die zusätzlichen Punkte beim diesjährigen Supermarkt-Check haben die Konzerne vor allem durch neue Unternehmensrichtlinien und mehr Transparenz erreicht. So veröffentlicht Lidl inzwischen alle Lieferanten entlang den Lieferketten für Bananen, Erdbeeren und Tee. Aldi, Rewe und Lidl haben zudem neue Leitlinien für Geschlechtergerechtigkeit veröffentlicht und engagieren sich in Pilotprojekten für existenzsichernde Löhne und Einkommen in den Anbauländern. Die Unternehmen zeigen damit: Sie können ihre Menschenrechtspolitik verbessern.

Billigpreise und Hungerlöhne: Das Problem ist die Preispolitik

Doch auch Aldi, Lidl und Rewe erfüllen nur knapp 50 bis 60 Prozent der Kriterien, die für eine gute Menschenrechtspolitik notwendig wären. Vor allem bei der Preispolitik gibt es zu wenig Bewegung. Die Supermärkte üben weiterhin Preisdruck auf ihre Lieferanten aus und tragen somit zu niedrigen Löhnen in den Lieferketten bei. Zeitgleich verzeichnen die Supermärkte gerade während der COVID-19-Pandemie Rekordumsätze und entsprechend wuchsen auch die Milliardenvermögen der Eigentümer weiter an. „Geld für eine andere Preispolitik ist genug da, doch am grundsätzlichen Geschäftsmodell der Supermärkte hat sich nichts geändert, es steht weiterhin für Ausbeutung“, so Tim Zahn. „Sie machen weiterhin Profite auf Kosten von Menschenrechten. Das muss sich ändern. Die Beschäftigten in den Lieferketten müssen endlich ein angemessenes Einkommen bekommen.“

Wirksame Gesetze: Der Schlüssel für besseren Menschenrechtsschutz

Die Verweigerung von Edeka zeigt, dass freiwilliges Engagement nicht ausreicht. Daher muss auch die Bundesregierung handeln: Sie muss das deutsche Lieferkettengesetz ambitioniert umsetzen und sich außerdem dafür einsetzen, dass der Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz die Lücken im deutschen Gesetz schließt. Zudem müssen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit bekommen, Schadensersatz bei deutschen Gerichten einzuklagen.

Weiterführende Informationen:

Die Ergebnisse des aktuellen Supermarkt-Checks stehen unter SPERRFRIST 05.04.2022, 01:01 MESZ zum Download zur Verfügung: https://oxfam.box.com/s/uj8flznabz34dcgee8g23pozny0af7h9, Passwort oxfam2022
Den Supermarkt-Check 2020 können Sie hier nachlesen
Die Studie Grenzenlose Ausbeutung vom Februar dieses Jahres können Sie hier nachlesen
Die Studie zu den Auswirkungen der Coronapandemie finden Sie hier
Als Interviewpartner stehen Tim Zahn, Oxfam-Experte für Menschenrechte in Lieferketten sowie Dr. Franziska Humbert, Oxfam-Expertin für Wirtschaft und Menschenrechte, zur Verfügung

Pressekontakt:

Katharina Wiechers,
Tel.: 030-45 30 69 717,
E-Mail: kwiechers@oxfam.de,
Twitter: @OxfamPresse

Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 21 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 4.100 lokalen Partnern in 90 Ländern.
Mehr unter www.oxfam.de

Oxfam Deutschland e.V.

Am Köllnischen Park 1
10179 Berlin
Deutschland




foodwatch vor Agrarministerkonferenz: “Brauchen nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit”

Pressestatement

foodwatch vor Agrarministerkonferenz: “Brauchen nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit”

Berlin, 29. März 2022. Vor der Agrarministerkonferenz am Mittwoch kritisierte die Verbraucherorganisation foodwatch die Debatte um Lebensmittelknappheit als Folge des Ukraine-Kriegs als Irreführung der Öffentlichkeit. Bundesagrarminister Cem Özdemir und seine Amtskolleg:innen der Bundesländer dürften jetzt nicht unter dem Vorwand des Ukraine-Krieges Klima- und Umweltschutzauflagen in der Landwirtschaft beschneiden, erklärte Jörg Rohwedder, Geschäftsführer von foodwatch International:

„Es ist verlogen, wie die Agrarindustrie in Deutschland jetzt angeblich ihr Herz für die Hungernden in der Welt entdeckt. Seit Jahren steigen die Zahlen hungernder Menschen weltweit wieder an – ohne, dass Bauernverband oder Agrarpolitiker:innen angemessen reagiert hätten. Die Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland produzieren nicht etwa Getreide für die Ärmsten der Armen, sondern vor allem Fleisch und Milchprodukte für die EU und Schwellenländer mit hohem oder mittlerem Einkommen. Nur zwei Prozent der deutschen Agrarexporte gehen nach Afrika, gerade einmal 0,5 Prozent an die 47 am wenigsten entwickelten Länder. Die Wahrheit ist: Der deutschen Agrarwirtschaft geht es vor allem um eigene Gewinninteressen – und dafür braucht sie günstige Futtermittel.

Die Agrarindustrie nutzt den Ukraine-Krieg, um Klimaschutz- und Umweltschutzvorgaben auszuhöhlen. Unter dem Vorwand, den Hunger in der Welt zu bekämpfen, sollen Ökoflächen wieder intensiv bewirtschaftet werden oder der Einsatz von Pestiziden länger erlaubt sein. Doch 60 Prozent der Agrarfläche in Deutschland werden für den Anbau von Tierfutter blockiert, hinzu kommen massive Futtermittelimporte aus der ganzen Welt.
Die landwirtschaftliche Produktion würde auch dieses Jahr ausreichen, um alle Menschen der Welt zu ernähren. Hunger gibt es nicht, weil wir zu wenig produzieren, sondern weil wir das Falsche produzieren und es schlecht verteilen. Nicht einmal die Hälfte des weltweit angebauten Getreides wird direkt als Lebensmittel genutzt, der Großteil wird im reichen globalen Norden als Tierfutter verwendet und zu Treibstoff oder anderen Industrieprodukten verarbeitet. Cem Özdemir und seine Amtskolleg:innen in den Bundesländern dürfen nicht auf die Lobby-Einflüsterungen der Agrarindustrie eingehen: Um Hunger und Lebensmittelknappheit zu bekämpfen, brauchen wir nicht mehr industrielle Landwirtschaft, sondern weniger Nutztierhaltung und weniger Bio-Sprit!“

Quellen und weiterführende Hinweise:

  • Die Zahl der Hungernden weltweit steigt seit 2015 wieder an. Nach Angaben der Welternährungsorganisation waren 2020 weltweit 720 bis 811 Millionen Menschen unterernährt – jeder Zehnte. (Quelle: https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/hunger-im-ueberfluss.html
  • Die landwirtschaftliche Produktion würde ausreichen, um alle Menschen der Welt zu ernähren. Die Kalorienmenge, die jedem Menschen täglich zur Verfügung steht, stieg von 2.716 Kilokalorien (kcal) zur Jahrtausendwende auf 2.908 kcal in den Jahren 2016-2018. Selbst in Subsahara-Afrika stehen rechnerisch 2.386 kcal zur Verfügung, in Nordamerika und Europa sind es 3.502 kcal am Tag. (Quelle: Global Report on Food Crises 2019. Food Security Information Network, 2019; https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/02Hunger/2019GRFCAbridged.pdf)
  • Von 2014 an war die Weltgetreideproduktion jedes Jahr höher als 2.600 Millionen Tonnen. Das waren jeweils etwa 15 Prozent oder 300 Millionen Tonnen mehr als die Ernte 2012 mit 2.305 Millionen Tonnen. Trotzdem wurden z.B. 2017 nur 43 Prozent des verwendeten Getreides (2,614 Milliarden Tonnen) direkt als Lebensmittel genutzt, 36 Prozent wurde als Tierfutter verwendet und der Rest zu Treibstoff oder anderen Industrieprodukten verarbeitet. (Quellen: FAO Food and Security Indicators. Food and Agriculture Organization, Oktober 2019 sowie https://www.fao.org/worldfoodsituation/csdb/en/
  • Rund neun Zehntel der wertmäßigen deutschen Agrarexporte gehen in entwickelte Volkswirtschaften mit hohem Einkommen; im Jahr 2017 wurden nur 2,0 Prozent der deutschen Agrarexporte nach Afrika und lediglich 1,3 Prozent in die Länder Sub-Sahara-Afrikas ausgeführt. Nur 0,5 Prozent der deutschen Agrarexporte gingen in die am wenigsten entwickelten Länder (LDC). (Quelle: BMEL https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarexporte-verstehen.pdf?__blob=publicationFile&v=6)

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Negativpreis für Klimalüge: Rewe gewinnt Goldenen Windbeutel 2021

Pressemitteilung

  • Verbraucher:innen wählen angeblich „klimaneutrales“ Hähnchenbrustfilet zur Werbelüge des Jahres
  • foodwatch-Aktion am Rewe-Firmensitz in Köln
  • Öko-Institut stützt foodwatch-Kritik an falschen CO2-Zertifikaten von Climate Partner

+++ Foto von der Verleihung bei Rewe: https://t1p.de/Foto-Windbeutel2021 +++

Berlin, 14.12.2021. Rewe erhält den Negativpreis Goldener Windbeutel: Bei einer Online-Abstimmung der Verbraucherorganisation foodwatch wählten rund 28 Prozent der mehr als 63.000 Teilnehmer:innen das als „klimaneutral“ beworbene Hähnchenbrustfilet der Rewe-Eigenmarke Wilhelm Brandenburg zur dreistesten Werbelüge des Jahres. Die Werbung erwecke den Eindruck, dass sich die Produktion des Hähnchens nicht schädlich auf das Klima auswirke. Tatsächlich werde das Hähnchenbrustfilet weder emissionsfrei hergestellt noch würde der bei der Produktion anfallende CO2-Ausstoß ausgeglichen. foodwatch-Recherchen belegen: Das Wald-Projekt in Peru, durch das die Treibhausgas-Emissionen angeblich kompensiert wurden, schützt den dortigen Wald nicht. Fleisch als „klimaneutral“ zu bewerben, sei zudem grundsätzlich irreführend, so foodwatch. Dreiviertel aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft entfallen auf die Tierhaltung.

„Rewe rechnet Fleisch mit falschen CO2-Zertifikaten klimafreundlich und täuscht damit umweltbewusste Verbraucher:innen“, kritisierte Manuel Wiemann, Wahlleiter des Goldenen Windbeutels. „Für den Klimaschutz muss Deutschland die Tierzahlen drastisch reduzieren. Rewe verkauft Fleisch als gut für das Klima, was eine glatte Lüge ist. Mit diesem Greenwashing muss Schluss sein. Grüne Werbelügen auf unökologischen Produkten müssen gestoppt werden!“


(Foto: dpa/Henning Kaiser)

Mit einer Aktion an der Rewe-Zentrale in Köln hat foodwatch am heutigen Dienstag versucht, den Negativpreis an die Konzernführung zu überreichen. Eine lebensgroße Hähnchenverpackung protestierte mit dem Schild „Ich will keine Klimalüge sein!“. Die Aktivist:innen der Verbraucherorganisation standen jedoch – trotz vorheriger Anmeldung – vor verschlossenen Türen: Rewe stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung. In einer schriftlichen Stellungnahme hatte der Handelskonzern die Kritik in der vergangenen Woche zurückgewiesen: Der Anbieter Climate Partner, über den die Supermarkkette die CO2-Zertifikate gekauft hatte, hätte versichert, die foodwatch-Vorwürfe seien unbegründet, so Rewe. Manuel Wiemann von foodwatch erklärte dazu: „Rewe zeigt den Verbraucher:innen die kalte Schulter. Der Ausgleich eigener Emissionen über den Kauf von C02-Zertifikaten ist ein moderner Ablasshandel, mit dem Unternehmen ruckzuck auf dem Papier „klimaneutral“ werden können – ohne selbst ernsthaft etwas für mehr Klimaschutz tun zu müssen. Es kann nicht verwundern, dass die Profiteure dieses Geschäftsmodells sich gegenseitig eine weiße Weste bescheinigen.“

Für die vermeintliche „Klimaneutralität“ der in Bayern verkauften Wilhelm Brandenburg-Geflügelprodukte kompensiert Rewe Treibhausgas-Emissionen über den Anbieter „Climate Partner“. Dafür werden ausschließlich Zertifikate eines Projekts zum Waldschutz in Tambopata/ Peru gekauft. Eine von foodwatch in Auftrag gegebene Recherche zeigt jedoch: Das Projekt erfüllt nicht die grundlegenden Anforderungen an Kompensationsprojekte. Es schafft keinen zusätzlichen Nutzen für das Klima. Nach Projektbeginn hat die Entwaldung nicht wie versprochen abgenommen, sondern sogar zugenommen. foodwatch hat Rewe sowie die Lohmann & Co. AG (PHW-Gruppe), die das Hähnchenbrustfilet im Auftrag von Rewe herstellt, deshalb Anfang Dezember wegen irreführender Klima-Werbung abgemahnt. Beide verweigerten die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung. Das Unternehmen Climate Partner warf foodwatch methodische Fehler vor, ohne jedoch wichtige Quellen und Berechnungen transparent zu machen. Ein wissenschaftliches Gutachten des unabhängigen Öko-Instituts bestätigt die Stichhaltigkeit wesentlicher Kritikpunkte von foodwatch am Tambopata-Projekt.

Neben dem Hähnchenbrustfilet von Rewe waren vier weitere Produkte für den Goldenen Windbeutel 2021 nominiert. Mehr als 63.000 gültige Stimmen gingen im Wahlzeitraum seit Mitte November ein. Das Ergebnis im Detail:

1. Platz: Wilhelm Brandenburg Hähnchen-Brustfilet von Rewe (17.661 Stimmen, entspricht rund 27,8 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen)
2. Platz: Volvic Natürliches Mineralwasser von Danone (17.031 Stimmen, 26,8 Prozent)
3. Platz: Mövenpick Green Cap Kaffeekapseln von J.J. Darboven (9.930 Stimmen, 15,6 Prozent)
4. Platz: Katjes Wunderland Fruchtgummis (9.894 Stimmen, 15,6 Prozent)
5. Platz: Clean Protein Bar von Naturally Pam by Pamela Reif (8.972 Stimmen, 14,1 Prozent)

Um auf das Problem der Verbrauchertäuschung im Lebensmittelbereich hinzuweisen, verleiht foodwatch seit 2009 den Goldenen Windbeutel – 2021 zum elften Mal. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das „Smart Water“ von Coca-Cola (2018). Vergangenes Jahr gewann der Käsereikonzern Hochland für seinen Grünländer Käse, der mit „Milch von Freilaufkühen“ warb – die Tiere standen aber tatsächlich im Stall. Hochland änderte daraufhin die Verpackung.

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Führungswechsel bei foodwatch International: Jörg Rohwedder tritt Nachfolge von Gründer Thilo Bode an

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Berlin, 1. Dezember 2021. Jörg Rohwedder ist neuer Geschäftsführer von foodwatch International. Er tritt die Nachfolge von Gründer Thilo Bode an, der sich nach fast 20 Jahren an der Spitze der Verbraucherorganisation zum Jahresende zurückzieht. Jörg Rohwedder ist seit vielen Jahren in verschiedenen politischen Organisationen aktiv, unter anderem war er Campaigner bei der Online-Plattform WeMove und Geschäftsführer der Bewegungsstiftung. Zuletzt arbeitete der 53-jährige im Geschäftsführungsteam von Lobbycontrol.

„Die Agrar- und Lebensmittelindustrie macht Profite auf Kosten von Umwelt, Klima und Tieren und auf Kosten der Gesundheit der Verbraucher:innen – das muss aufhören!“, so Jörg Rohwedder. „Meine Aufgabe sehe ich darin, foodwatch als eine wirklich europaweit tätige Organisation auszubauen. Ich bin überzeugt, Europa braucht eine schlagkräftige internationale Verbraucherorganisation als Gegengewicht zu einflussreichen Lobbyinteressen. Ich freue mich, diese Riesenaufgabe gemeinsam mit dem foodwatch-Team anzugehen.“

Thilo Bode, der foodwatch 2002 gegründet hat, zieht sich aus der Organisation zurück: „Auch wenn es mir nicht leicht fällt, ist es jetzt an der Zeit, Platz zu machen, für eine neue Führungsriege. foodwatch hat es in den vergangenen Jahren geschafft, Ernährung zu einem politischen Thema zu machen. Aber: Das Ernährungssystem als Ganzes zu verbessern, ist uns nicht gelungen. Es bleibt viel zu tun – eine internationale Verbraucherorganisation in Europa ist wichtiger denn je. Ich wünsche Jörg und dem gesamten foodwatch-Team alles Gute!“

foodwatch arbeitet als unabhängige Verbraucherorganisation. Der eingetragene Verein gliedert sich in zwei Geschäftsbereiche: „foodwatch Deutschland“, geleitet von Geschäftsführer Chris Methmann, und „foodwatch International“, das als Dachorganisation für die nationalen foodwatch-Büros fungiert. Neben Berlin gibt es mittlerweile Büros in Amsterdam (seit 2010), Paris (2014), Brüssel (2020) und Wien (2020). Die Organisation finanziert sich insbesondere über Förderbeiträge und Spenden. In Deutschland unterstützen mehr als 44.000 Mitglieder die Arbeit.

Quellen und weiterführende Informationen:

Portraitfotos und Kurzvita Jörg Rohwedder
Portraitfotos und Kurzvita Thilo Bode

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foodwatch mahnt Rewe wegen irreführender Klima-Werbung ab – Handelsunternehmen vermarktet klimaschädliches Produkt als „klimaneutral“

Pressemitteilung

Berlin, 2. Dezember 2021. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat den Handelskonzern Rewe abgemahnt, weil dieser das Hähnchenfleisch seiner Rewe-Eigenmarke Wilhelm Brandenburg als „klimaneutral“ bewirbt. Verbraucher:innen könnten die Werbung so verstehen, dass sich die Produktion des Hähnchenfilets nicht schädlich auf das Klima auswirke. Tatsächlich werde das Hähnchenbrustfilet weder emissionsfrei hergestellt noch würden die bei der Produktion anfallenden Emissionen ausgeglichen. foodwatch-Recherchen belegen: Das Wald-Projekt in Peru, durch das die Treibhausgas-Emissionen kompensiert werden sollen, schützt den dortigen Wald und damit auch das Klima nicht. Das Hähnchenbrustfilet von Rewe ist einer der Kandidaten für die Wahl zum Goldenen Windbeutel 2021 (www.goldener-windbeutel.de), dem Preis für die dreisteste Werbelüge des Jahres. foodwatch spricht sich für eine klare Regulierung von „nachhaltigen“ Werbeversprechen aus.

„Von wegen Klimaretter – das Hähnchenfleisch von Rewe ist eine dreiste Klimalüge. Mit manipulierten Zertifikaten rechnet Rewe Fleisch klimaneutral – doch durch das Kompensationsprojekt in Peru werden Bäume nicht geschützt, sondern gefällt“, kritisierte Manuel Wiemann, Wahlleiter des Goldenen Windbeutels. „Klima- und Umweltwerbung auf unökologischen Produkten muss gestoppt werden!“

Die Tierhaltung trägt weltweit mit über 15 Prozent zu den vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen und damit zum Klimawandel bei. Es sei grundsätzlich irreführend, Fleisch als „klimaneutral“ zu bewerben, kritisierte foodwatch. Für die vermeintliche „Klimaneutralität“ der in Bayern verkauften Wilhelm Brandenburg-Geflügelprodukte kompensiert Rewe Treibhausgas-Emissionen über den Anbieter „Climate Partner“. Dafür werden ausschließlich Zertifikate eines Projekts zum Waldschutz mit nachhaltigem Paranussanbau in Tambopata/ Peru gekauft. Eine von foodwatch in Auftrag gegebene Recherche zeigt: Das Projekt erfüllt nicht die grundlegenden Anforderungen an Kompensationsprojekte. Es schafft keinen zusätzlichen Nutzen für das Klima und existierte mindestens in den ersten Jahren nur auf dem Papier. Die Zertifikate für das Geflügelfleisch von Rewe stammen aus den Jahren 2010-2012. Für diesen Zeitraum hat das Projekt nachweislich keinerlei Emissionsreduktionen bewirkt, die Zertifikate sind also falsch. Dass das Projekt keinen zusätzlichen Nutzen für Wald und Klima bringt, zeigt auch die tatsächliche Entwaldungsrate. Nach Projektbeginn hat die Entwaldung nicht wie versprochen abgenommen, sondern zugenommen. Lag die Entwaldungsrate vor Projektbeginn bei durchschnittlich 0,15 Prozent pro Jahr (2001-2010), verdoppelte sie sich nach Projektbeginn auf durchschnittlich 0,29 Prozent (2010-2020). Das Projekt konnte also keinerlei Abholzung verhindern – im Gegenteil, es wurden mehr Bäume gefällt als vorher. Neben Rewe hat foodwatch auch die Lohmann & Co. AG (PHW-Gruppe) abgemahnt. Der größte deutsche Geflügelzüchter stellt das Produkt im Auftrag von Rewe her. Die beiden Unternehmen haben bis zum 6. Dezember Zeit, eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Neben Rewe hat foodwatch Produkte von Danone, Naturally Pam, Darboven und Katjes für den Goldenen Windbeutel 2021 nominiert. Die meisten von ihnen präsentieren sich als besonders klima- und umweltfreundlich – können diese Werbeversprechen aber nicht halten, kritisierte foodwatch. Verbraucher:innen können noch bis zum 12. Dezember auf www.goldener-windbeutel.de aus den fünf Kandidaten ihren Favoriten für den Preis der dreistesten Werbelüge wählen. Dem Hersteller des Produkts mit den meisten Stimmen will foodwatch den Negativpreis am Firmensitz überreichen.

Links:

Online-Abstimmung Goldener Windbeutel: www.goldener-windbeutel.de

Quellen und weiterführende Informationen:

Abmahnung Rewe
Factsheet zum Rewe-Hähnchenbrustfilet
foodwatch-Recherche zum Tambopata-Waldschutzprojekt in Peru
Fotostrecke der Windbeutel-Kandidaten zum Download (inkl. Rewe)

Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Sarah Häuser
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)170 523 74 71




Amazon verliert Rechtsstreit mit foodwatch: Auch Online-Lebensmittelhändler müssen Kennzeichnungsregeln einhalten – Urteil des OLG München mit Signalwirkung für den Online-Handel

Berlin, 18. Februar 2021. Auch Online-Lebensmittelhändler müssen sich an die gesetzlichen Kennzeichnungspflichten halten. Dies entschied das Oberlandesgericht München am Donnerstag und gab damit einer Klage der Verbraucherorganisation foodwatch gegen Amazon und seinen Lebensmittel-Lieferdienst „Amazon Fresh“ statt. Der Onlinehändler hatte bei Obst und Gemüse die Vorgaben für Herkunftsangaben missachtet – ein Verstoß gegen europäisches Recht, wie das Gericht nun bestätigte. foodwatch forderte die Bundesregierung auf, für eine bessere Kontrolle von Online-Lebensmittelhändlern zu sorgen. Die Corona-Krise habe die Nachfrage nach Lieferdiensten deutlich erhöht, doch die kommunale Lebensmittelüberwachung sei mit der Kontrolle der oft global agierenden Online-Händler überfordert.

„Das Urteil zeigt: Gesetzliche Kennzeichnungspflichten gelten auch für Online-Riesen wie Amazon und nicht nur für den Supermarkt um die Ecke“, sagte Oliver Huizinga von foodwatch. „Das Urteil aus München hat Signalwirkung für den gesamten Lebensmittelhandel im Internet und muss eine Reform der Lebensmittelüberwachung zur Folge haben. Der Fall Amazon Fresh macht deutlich, dass die Kontrolle von Online-Shops nicht funktioniert.“

Im Januar 2020 hatte bereits das Landgericht München zugunsten der Verbraucherorganisation entschieden – dagegen hatte Amazon jedoch Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht München bestätigte das Urteil nun in zweiter Instanz.

foodwatch hatte Amazon im März 2018 abgemahnt und dann – nachdem das Unternehmen sich weigerte, die Kennzeichnung zu ändern – beim Landgericht München Klage eingereicht. Amazon hatte europäische Vorgaben für die Herkunftskennzeichnung missachtet. Anstatt konkret zu benennen, woher angebotene Früchte und Gemüse stammen, hatte Amazon bis zu 13 mögliche Herkunftsländer angegeben. Dabei sind Lebensmittelhändler gesetzlich verpflichtet, bei den meisten frischen Obst- und Gemüsesorten das genaue Herkunftsland zu nennen. Dies gelte auch für im Internet verkaufte Ware, bekräftigte das Oberlandesgericht München. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.

foodwatch forderte, dass Online-Supermärkte systematisch auf die Einhaltung von Kennzeichnungspflichten und auf Produktsicherheit geprüft werden. Die kommunalen Kontrollbehörden seien jedoch oft mit der Überprüfung der Online-Händler überfordert. Die kommunale Struktur der Lebensmittelüberwachung sei in Zeiten von globalen Warenströmen und einer Zunahme des Internethandels nicht mehr zeitgemäß, so foodwatch. Die Bundesregierung müsse daher eine Reform der Lebensmittelüberwachung anstoßen, damit die Zuständigkeit für die Überwachung von Online-Lebensmittelhändlern vollständig auf den Bund, etwa das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BVL), übertragen wird.

2018 hatte ein foodwatch-Vergleichstest der fünf großen Online-Lebensmittelhändler Amazon Fresh, Rewe Online, Allyouneedfresh, Mytime und Bringmeister Lücken bei der Produktkennzeichnung sowie bei der Kontrolle der Shops durch die Lebensmittelbehörden aufgezeigt. Herkunftsangaben sind für viele Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig beim Lebensmitteleinkauf. Eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag von foodwatch etwa zeigte, dass sich fast 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger klare Angaben zur Herkunft der Zutaten wünschen.

Quellen und weiterführende Informationen:
– Screenshots unzulässiger Herkunftsangaben auf der Amazon Fresh-Seite (zip-Datei, Download): http://t1p.de/2j6b
– foodwatch-Umfrage unter anderem zur Herkunftskennzeichnung: https://www.foodwatch.org/de/aktuelle-nachrichten/2014/3-von-4-verbrauchern-scheitern-an-lebensmittelkennzeichnung/

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