Greenwashing bei Aldi – foodwatch: Handelskonzern muss irreführende Klimawerbung auf Milch stoppen

Pressemitteilung

Berlin, 22. Juni 2022. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat Aldi aufgefordert, Milch nicht mehr als „klimaneutral“ zu bewerben. foodwatch kritisierte, dass Aldi bei der „Landmilch“ seiner Eigenmarke FAIR & GUT keine ernsthaften Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasmissionen durchführe. Stattdessen setze der Discounter auf Kompensationsprojekte, mit denen die CO2-Emissionen angeblich ausgeglichen werden sollen. Zwei dieser Projekte seien jedoch höchst fragwürdig, unter anderem eine Eukalyptus-Monokultur in Uruguay, in der Glyphosat gespritzt wird. Das ZDF-Magazin Frontal berichtete am Dienstagabend über das Projekt. Milch sei außerdem kein besonders klimafreundliches Produkt und solle deshalb grundsätzlich nicht als „klimaneutral“ beworben werden, so foodwatch.

„Greenwashing mit Klima-Labeln liegt im Trend – die vermeintlich klimaneutrale Aldi-Milch ist ein Musterbeispiel dafür. Der Discounter rechnet ein per se nicht klimafreundliches Produkt mit fragwürdigen CO2-Zertifikaten grün“, kritisierte Manuel Wiemann von foodwatch. „Verbraucher:innen können sich auf Klima-Werbung überhaupt nicht verlassen. Wir brauchen ein Verbot von Umwelt-Werbelügen und endlich wirksame Klimaschutz-Gesetze, die auch die Landwirtschaft in die Pflicht nehmen.“

Die als „klimaneutral“ beworbene FAIR & GUT Landmilch 3,8 % Fett Milch wird als Eigenmarke bei Aldi Nord und Süd vertrieben und von der Molkerei Gropper hergestellt. Obwohl die Aldi-Milch bereits seit November 2020 als „klimaneutral“ verkauft wird, stelle Aldi keine effektive Reduktion der Treibhausgas-Emissionen sicher, kritisierte foodwatch. Die Molkerei Gropper, und damit auch Aldi, hat nach eigenen Angaben noch nicht einmal einen Überblick darüber, wie hoch der CO2-Ausstoß der Milchlieferbetriebe tatsächlich ist. Erst bis Oktober 2022 sollen die genauen Emissionswerte der Rohmilch vorliegen. Verbindliche Reduktionsmaßnahmen für die Landwirt:innen fehlen bisher. „Wenn uns die Treibhausgasmissionen der einzelnen Milchlieferbetriebe im IST vorliegen, können wir mit der Planung von Reduktionsmaßnahmen starten“, erklärte Gropper in einer E-Mail an foodwatch. Dabei sind die Einsparungen auf den Höfen entscheidend, denn 89% der Emissionen für die Aldi-Milch stammen nach Angaben von der Molkerei aus den Rohstoffen, also der Milchproduktion. Gropper erkläre zudem die Einhaltung von Tierschutz-Maßnahmen als Klimaschutz und brüste sich etwa damit, dass die Ställe nicht mehr „überbelegt“ werden, bemängelte foodwatch.

Statt die Emissionen der Milchherstellung konsequent zu reduzieren, kauft Aldi zum CO2-Ausgleich Zertifikate von Kompensationsprojekten. Zwei dieser Projekte sind laut foodwatch-Recherchen höchst fragwürdig. Das ZDF-Magazin „Frontal“ berichtete am Dienstag über ein Aufforstungsprojekt in Uruguay. In dem Projekt in Guarané werden Monokulturen aus Eukalyptus angelegt. Dabei kommen die Pestizide Glyphosat und Fipronil zum Einsatz. Aldi nutzt außerdem Zertifikate eines umstrittenen Waldprojekts in Tambopata/ Peru. Eine foodwatch-Recherche hatte im vergangenen November gezeigt, dass das Projekt nicht die Anforderungen an Kompensationsprojekte erfüllt und keine Klimaschutz-Zertifikate ausgeben dürfte. Der Handelskonzern Rewe hatte die Zusammenarbeit mit Tambopata in der Folge gestoppt.

„Statt den Treibhausgasausstoß vor Ort auf dem Bauernhof soweit wie möglich zu reduzieren, betreibt Aldi billigen Ablasshandel. Der Discounter setzt zum Ausgleich der Emissionen auf Eukalyptus-Monokulturen, in denen mit dem Ackergift Glyphosat Artenvielfalt zerstört wird. Verbraucher:innen, die der Umwelt mit dem Kauf der Milch etwas Gutes tun möchten, werden dreist getäuscht“, sagte Manuel Wiemann von foodwatch.

foodwatch bewertet Klima-Werbung auf tierischen Produkten grundsätzlich als kritisch. Dreiviertel aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft entfallen auf die Tierhaltung. Will Deutschland seine Klimaziele erreichen, muss die Zahl der Tiere und insbesondere der Kühe drastisch reduziert werden.

Der Handelskonzern Aldi Süd wurde vergangenes Jahr von der Wettbewerbszentrale für die Werbung mit „erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler“ verklagt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Die Europäische Kommission hat im März einen Entwurf für die Regulierung von Umweltwerbung vorgelegt. Wenn die Richtlinie vom Europarat und Europaparlament angenommen wird, müssten Unternehmen Vorgaben erfüllen für Klima-Werbung. foodwatch begrüßt die Initiative zum Schutz der Verbraucher:innen vor irreführender Werbung, sieht jedoch große Schlupflöcher im Gesetzesentwurf. So sei es weiterhin möglich, klimaintensive Produkte wie Fleisch, Heizöl und Einweg-Plastik als „klimapositiv“ zu bezeichnen.

Links:

E-Mail-Petition: Aldi, stopp die Klimalüge!

Quellen und weiterführende Informationen:

Recherche zu den Klimaschutzmaßnahmen bei der Aldi-Milch
Recherche zum Kompensationsprojekt in Guanaré, Uruguay (Aufforstung)
ZDF Frontal Beitrag “Klimaneutral mit ALDI”?
Recherche zum Kompensationsprojekt in Tambopata, Peru (Waldschutz)

Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Sarah Häuser
E-Mail: presse@foodwatch.de
Mobil: +49 (0)174 / 3 75 16 89




Mineralöl in Lebensmitteln: Lobbyverband will Initiative von Aldi Süd für mehr Verbraucherschutz verhindern

Pressemitteilung

— Lebensmittel-Lobbyverband BLL will Initiative von Aldi Süd gegen Mineralölverunreinigungen verhindern
— Discounter verlangt von Zulieferern mineralölfreie Produkte
— BLL fordert Aldi Süd auf, diese Vorgaben zurückzunehmen – und widerspricht Risikoeinschätzung von BfR und EFSA

Berlin, 5. März 2016. Der führende Lobbyverband der deutschen Lebensmittelindustrie versucht Aldi Süd daran zu hindern, konsequent gegen den Eintrag von gefährlichen Mineralölen in Lebensmittel vorzugehen. Das geht aus einem Schreiben des Branchenverbandes hervor, das die Verbraucherorganisation foodwatch am Samstag öffentlich gemacht hat. Aldi Süd hatte kürzlich von seinen Zulieferbetrieben verlangt, dass alle Lebensmitteleigenmarken in Zukunft frei von Mineralölbestandteilen, sogenannten MOSH und MOAH, sein müssen. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) forderte den Discounter nun schriftlich auf, die Vorgaben zurückzunehmen – man halte diese “weder für praktisch erfüllbar noch unter Verbraucherschutzaspekten für gerechtfertigt”. “Nach objektiven wissenschaftlichen Gesichtspunkten (…) sind Lebensmittel mit MOSH und MOAH bedingt tolerierbar und stellen keine Gefahr für die Verbrauchergesundheit dar”, heißt es in dem Schreiben.

foodwatch zufolge widerspricht der Lobbyverein damit der gesundheitlichen Einschätzung sowohl durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als auch durch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Insbesondere die aromatischen Mineralöle (MOAH) stehen unter Verdacht, krebserregend und erbgutverändernd zu sein; die sogenannten gesättigten Mineralöle (MOSH) reichern sich in den Körperorganen an und können diese schädigen.

“Aldi Süd will mit gutem Beispiel voran gehen – und wird vom Lobbyverband ausgebremst. Der BLL richtet sich klar gegen die Gesundheit aller Verbraucherinnen und Verbraucher. Dem Lobbyverein sind die Mineralöle offenbar zu Kopf gestiegen”, sagte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von foodwatch. Anders als behauptet, sei die wissenschaftliche Einschätzung klar: Aromatische Mineralölgemische sollten überhaupt nicht in Lebensmitteln vorkommen, weil sie krebsauslösende und erbgutschädigende Verbindungen enthalten können. Die EFSA weise zudem darauf hin, dass Kinder besonders hoch mit Mineralölrückständen belastet sind. “Gesundheitliche Risiken stellt der BLL nachweislich falsch dar und suggeriert zudem, saubere Lebensmittel seien nicht möglich. Dabei haben die Labortests von foodwatch gezeigt, dass es sowohl Produkte ohne MOSH- als auch Produkte ohne MOAH-Nachweis gibt”, so Matthias Wolfschmidt.

Wie foodwatch kürzlich öffentlich machte, hatte Aldi Süd im Februar seine Lieferanten schriftlich aufgefordert, Maßnahmen gegen Mineralölverunreinigungen zu ergreifen – bei Aldi-Eigenmarken sollten in Zukunft “keine Mineralölbestandteile im Lebensmittel nachweisbar” sein. Daraufhin wandte sich der Lobbyverband BLL in einem Rundschreiben direkt an Aldi Süd sowie an die BLL-Mitglieder und den Handelsverband, um den Discounter dazu zu bewegen, diese Lieferantenvorgaben zurückzunehmen.

In den vergangenen Monaten hatte verschiedene Untersuchungen – unter anderem von Öko-Test, dem Bayerischen Landesgesundheitsamt oder Stiftung Warentest – immer wieder Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln nachgewiesen. Den umfangreichsten Labortest hatte foodwatch im Oktober 2015 veröffentlicht. Demnach war jedes fünfte getestete Lebensmittel in Deutschland (9 von 42 Produkten) mit MOAH belastet.

Link:
– E-Mail-Protestaktion von foodwatch für einen besseren Schutz vor Mineralölbelastungen: www.mineraloel-aktion.foodwatch.de

Quellen und weiterführende Informationen:
– Schreiben des Lobbyverbandes BLL an Aldi Süd: tinyurl.com/gtuqnzv
– Schreiben von Aldi Süd an Zulieferbetriebe: tinyurl.com/huzkgy7
– foodwatch-Hintergrundpapier zu Mineralöl: www.mineraloel-hintergrund.foodwatch.de
– Testergebnisse von foodwatch: www.mineraloel-test.foodwatch.de
– Stiftung Warentest zum Olivenöltest: www.tinyurl.com/stiwa-oliven
– Öko-Test zu Dr. Oetker: www.tinyurl.com/oekotest-oetker
– Presseerklärung zum Verkaufsstopp der Lafer-Pfefferspezialität: www.tinyurl.com/pm-lafer
– LGL Bayern zur Adventskalender-Untersuchung: www.tinyurl.com/advent-bayern
– Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Mineralöl: tinyurl.com/ovgvtkz

Pressekontakt:
Andreas Winkler
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 – 2 90