Ergebnisse des G20-Gipfels können Weltklimakonferenz dringend benötigten Rückenwind geben

Germanwatch begrüßt Signale der klimapolitischen Kooperation in geopolitisch schwierigen Zeiten – aber Halbierung der globalen Emissionen bis 2030 wird tatsächliche Bewährungsprobe

Scharm El-Scheich/Bali (16. Nov. 2022). Nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hat der G20-Gipfel unterstrichen, dass die Klimakrise auch in Zeiten energiepolitischer Turbulenzen und wachsender Polarisierung nicht an Relevanz verliert. Die Ergebnisse des Gipfels können der Weltklimakonferenz in Ägypten dringend benötigten Rückenwind verleihen.

Dazu sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „In der angespannten geopolitischen Lage sind die klimapolitischen Ergebnisse von Bali ein dringend notwendiges Signal der größten Treibhausgas-Emittenten. Wir haben einen von allen G20-Mitgliedern getragenen Text, der deutlich macht, dass die großen Volkswirtschaften die großen globalen Herausforderungen wie die Klimakrise gemeinsam angehen wollen.“ Wichtig sei zudem, was am Rande des Gipfels vereinbart wurde. „Die USA und China nehmen ihre Gespräche zum Klimaschutz wieder auf. Das ist ein ganz wichtiges Signal für die internationale Klima-Kooperation. Zudem schürt die Partnerschaft für eine gerechte Energiewende, die Indonesien mit mehreren Industriestaaten geschlossen hat, die Hoffnung, dass mit internationaler Unterstützung die Energiewende in Schwellenländern erheblich beschleunigt werden kann“, betont Bals.

Der klimapolitische Teil des Kommuniqués ist in weiten Teilen eine Bekräftigung bestehender Beschlüsse. „Es ist wichtig, dass die G20 daran festhalten, sich um eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad zu bemühen. An einigen Stellen gibt es auch Verbesserungen: Zum Beispiel bekennen sich erstmals alle G20-Staaten dazu, dass die Zeit der Kohleverstromung ohne CO2-Abscheidung und –speicherung zu Ende gehen soll. Aber die Beschlüsse von Bali sind noch nicht ausreichend, um eine Eskalation der Klimakrise zu verhindern und das 1,5 Grad-Limit einzuhalten. Dazu müssten sich die G20 auf eine Halbierung der globalen Emissionen bis 2030 und einen Ausstieg aus allen fossilen Energien einigen.“

Blockaden bei Verhandlungen könnten nun einfacher aufgelöst werden

Für die derzeit stattfindende Klimakonferenz im ägyptischen Scharm El-Scheich erwartet Germanwatch Rückenwind durch die Ergebnisse des Bali-Gipfels: „Hier in Scharm El-Scheich sind die Verhandlungen bisher viel zu langsam. Das klare Signal der Regierungschefs ist, dass es bei der COP27 ein Ergebnis geben soll, das zu höheren Anstrengungen bei Klimaschutz und Klimaanpassung führt und endlich das Thema der Schäden und Verluste angeht. Dieses Signal kann einige Blockaden bei den Klimaverhandlungen lösen.“

Positiv schätzt Germanwatch überdies einige der G20-Entscheidungen zur Entschuldung und zum Finanzsystem ein. Christoph Bals: „Sowohl bei den G20 als auch bei der COP beobachten wir, dass zunehmend Schwung in die Debatte um die Transformation des globalen Finanzsystems und eine Reform von Weltbank und Internationalem Währungsfonds kommt. Die Aussagen im G20-Kommuniqué zur Entschuldung und zu einfacherer Finanzierung des Klimaschutzes durch die multilateralen Entwicklungsbanken weisen in diese Richtung. An diesen Baustellen müssen in den nächsten Jahren Fortschritte gelingen, damit die weltweite gerechte Transformation zur Klimaneutralität gelingen kann.“

Hinweis für Redaktionen: Germanwatch beobachtet mit einem Team von Expert:innen die COP27 vor Ort. Kontaktvermittlung gern über u.a. Pressekontakte.

Kontakte für Medien:
Stefan Küper
Pressesprecher

Katarina Heidrich
Pressereferentin

Pressekontakt:
presse@germanwatch.org
Stefan Küper | kueper@germanwatch.org | Tel. +49 (0)151 / 252 110 72
Katarina Heidrich | heidrich@germanwatch.org | Tel. +49 (0)151 / 742 968 18




Weltklimakonferenz COP23 – Vorwärtsgang beim Pariser Abkommen, Blockade bei Schäden und Verlusten infolge des Klimawandels

[PRESSE-INFO]

Bonn/Berlin, 17. November 2017. Mit gemischten Ergebnissen wird heute die UN-Weltklimakonferenz COP23 in Bonn enden. Kurz vor Schluss kommentiert Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig die sich abzeichnenden, zentralen Ergebnisse:

Talanoa-Dialog und Verpflichtungen der Industrieländer bis 2020

Eine der guten Nachrichten von der Konferenz dürfte die breite Unterstützung für den „Talanoa-Dialog“ im nächsten Jahr werden. Nach einem Vorschlag von Fidschi soll dazu in einer technischen Phase zunächst Bilanz zur derzeitigen Klimaschutzwirkung des Pariser Abkommens gezogen werden, um dann in einer politischen Phase über eine Steigerung beim Klimaschutz zu beraten – denn die derzeitigen Anstrengungen aller Länder reichen bei weitem nicht aus, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C bzw. auf maximal 1,5°C zu begrenzen.

Jan Kowalzig, Klima-Experte bei Oxfam Deutschland, dazu: „Konkreten Klimaschutz hat die Konferenz zwar nicht erbracht, aber immerhin den Plan, nächstes Jahr die Klimaschutzwirkung des Pariser Abkommens zu überprüfen. Ob sich die Industrie- und Schwellenländer zum Abschluss des Talanoa-Dialogs Ende 2018 aber auch wirklich mehr Klimaschutz verschreiben werden, ist noch sehr fraglich. Die wichtigste Aufgabe des Talanoa-Dialogs wird daher sein, allerorten den politischen Willen für mehr Klimaschutz deutlich zu erhöhen. Dann könnte 2018 ein Wendepunkt werden.“

Als positiv bewertet Oxfam in diesem Zusammenhang eine weitere sich abzeichnende Einigung in Bonn, dass auf den beiden kommenden Weltklimakonferenzen die Anstrengungen bis 2020 gesondert im Fokus stehen und dazu vor allem die Industrieländer jeweils Rechenschaft ablegen werden müssen, wie weit sie bei der Erfüllung ihrer Klimaschutzziele und ihrer Finanzversprechen bisher gekommen sind, insbesondere hinsichtlich der Zusage, die Klima-Hilfen für die armen Länder bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben.

Jan Kowalzig: „Die reichen Länder sind historisch gesehen die Hauptverursacher des Klimawandels – da ist es nur richtig, deren Engagement im Klimaschutz gesondert zu bilanzieren. Das wird letztlich ergeben, dass sich die reichen Länder weitgehend vor ihrer Verantwortung drücken, sowohl hinsichtlich ihrer schwachen Klimaschutzziele als auch beim eher mäßigen Fortschritt bei der finanziellen Unterstützung der ärmeren Länder.“

Verluste und Schäden infolge des Klimawandels

Ein enttäuschendes Resultat wird die COP23 im Umgang mit den unvermeidlichen Schäden und Verluste infolge des Klimawandels erzielen. Zwar wurde der Arbeitsplan des Warsaw Mechanism on Loss and Damage (WIM) verabschiedet. Der WIM ist aber derzeit noch wenig mehr als eine Arbeitsgruppe, die keine konkrete Unterstützung für die ärmsten und besonders verwundbaren Länder bei der Bewältigung von Verlusten und Schäden infolge des Klimawandels leistet. Diese Länder hatten vergeblich gefordert, auf kommenden Konferenzen insbesondere auch über die finanziellen Aspekte im Umgang mit solchen Verlusten und Schäden zu verhandeln.

Jan Kowalzig kommentiert: „Die wachsenden Schäden und Zerstörungen infolge von Dürren, Stürmen und anderen Unwetterextremen bringen gerade die kleinen Inselstaaten zunehmend in existenzielle Nöte – auch finanzieller Art. Hier haben die Industrieländer zwei Wochen gemauert und nun erfolgreich verhindert, den Finanzierungsfragen im Umgang mit Verlusten und Schäden infolge des Klimawandels auf kommenden Konferenzen den nötigen Raum zu geben. Das ist ein übles Manöver gegenüber den ärmsten und vom Klimawandel extrem bedrohten Ländern.“

Regelwerk des Pariser Abkommens

Durchwachsen ist das Ergebnis der Klimakonferenz bei der Ausarbeitung des Regelwerks zur Umsetzung des Pariser Abkommens. Größere Konflikte gab es zwar nicht, allerdings sind die nun in die nächsten Verhandlungsrunden weitergeschobenen Textentwürfe für die einzelnen Kapitel des Regelwerks sehr umfangreich geworden, was die kommenden Verhandlungsrunden im nächsten Jahr schwierig machen wird.

„Es darf nicht dazu kommen, dass die kommenden Verhandlungsrunden im nächsten Jahr über die Komplexität der aufgeblähten Texte stolpern oder nicht bis zur Weltklimakonferenz in Kattowice fertig würden. Solch eine Situation muss verhindert werden, denn direkt nach der nächsten Konferenz werden die Länder mit der Vorbereitung ihrer neuen Klimaschutz-Selbstverpflichtungen beginnen. Dafür müssen sie die künftigen Regeln des Abkommens kennen“, fügt Jan Kowalzig hinzu.

Anpassungsfonds und Klimarisikoversicherungen

Kurz vor Ende der Verhandlungen konnten sich die Delegationen noch nicht auf einen Beschluss einigen, der den Weg dafür ebnet, dass der Anpassungsfonds künftig auch unter dem Pariser Abkommen gelten soll. Dieser multilaterale Fonds unterstützt seit Jahren erfolgreich Projekte zur Anpassung an die klimatischen Veränderungen in den ärmeren Ländern. Da der Fonds bisher unter dem Kyoto-Protokoll verankert war, war seine Zukunft zunächst ungeklärt geblieben.

Am Rande der Verhandlungen gaben Deutschland als Gastgeber der COP23 und Fidschi, das den Vorsitz der Konferenz innehatte, den Startschuss für die InsuResilience Global Partnership, die den Auf- und Ausbau von Instrumenten zur Risikofinanzierung in den ärmeren Ländern fördern soll, insbesondere durch den Einsatz von Versicherungsansätzen. Die Bundesregierung hatte hier 110 Mio. Euro an (weitgehend) neuen Geldern zugesagt.

Jan Kowalzig kommentiert die neue Partnerschaft: „Bei aller Begeisterung für das noch recht neue Instrument der Klimarisikoversicherungen, darf man nicht aus den Augen verlieren, dass die ärmsten Menschen, wie etwa Kleinbauern in Afrika oder Fischer in den Inselstaaten sich solche Versicherungen in der Regel nicht leisten können. Ohnehin haben sie zum Klimawandel nichts beigetragen. Den ärmsten Menschen nun als Gegenmaßnahme Versicherungen verkaufen zu wollen, damit sie sich gegen den vor allem von den reichen Ländern verursachten Klimawandel zu wappnen, widerspricht allen Prinzipien der Gerechtigkeit. Versicherungen gegen Ernteausfälle wegen des Klimawandels mögen zwar grundsätzlich funktionieren, die Prämienzahlungen müssten aber vor allem von den Verursachern des Klimawandels bezahlt werden.“

Power Past Coal Alliance

Ebenfalls am Rande der Verhandlungen verkündeten Großbritannien und Kanada ihre Power Past Coal Alliance, ein Bündnis von derzeit 25 Länder und Bundesstaaten, die aus der Kohle aussteigen wollen. Weitere Länder sind zum Beitritt aufgerufen, bis zur nächsten Klimakonferenz COP24 sollen es 50 werden.

Jan Kowalzig: „Ausgerechnet Deutschland, Gastgeber der Weltklimakonferenz und selbsternannter Vorreiter im Klimaschutz, wird die Einladung zum Beitritt zu der Allianz wohl fürs erste ausschlagen – zumindest solange die Unterstützung für das Pariser Klimaschutzabkommen bei CDU, CSU und FDP vor allem aus schöner Rhetorik anstelle wirksamer Klimapolitik besteht.“

Pressekontakt:

Nikolai Link, Tel.: 0177-7375288, E-Mail: nlink@oxfam.de

Jan Kowalzig, Tel. 0178-4538050, E-Mail: jkowalzig@oxfam.de

Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 20 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.250 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.

Mehr unter www.oxfam.de

Oxfam Deutschland e.V.
Am Köllnischen Park 1
10179 Berlin
Deutschland




Kohleausstieg: Deutschland verliert den Anschluss

Pressemitteilung Germanwatch

Germanwatch begrüßt heute vorgestellte Allianz der Länder, die im nächsten Jahrzehnt aus der Kohle aussteigen werden – Kritik an bisheriger Haltung Deutschlands

Bonn (16. Nov. 2017). Heute ist auf der Weltklimakonferenz in Bonn eine von Großbritannien, Kanada und den Marshall-Inseln angeführte Allianz zum Kohleausstieg vorgestellt worden. Deren Mitgliedsländer verpflichten sich, in den nächsten Jahren vollständig aus der Kohleverstromung auszusteigen. Hierzu erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: “Der weltweite Abschied von der Kohle hat begonnen und Deutschland droht den Anschluss zu verpassen. Es ist sehr gut, dass eine immer größere Gruppe von Ländern Pläne zum geordneten Kohleausstieg präsentiert. Wenn Deutschland im internationalen Klimaschutz eine Führungsrolle spielen will, muss die nächste Bundesregierung jetzt auch einen klaren Plan für einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohle vorlegen, der zur Umsetzung der Klimaziele passt.”

Klimaszenarien zeigen, dass eine weitere Nutzung der Kohle zur Stromerzeugung und die Erreichung der Pariser Klimaziele nicht miteinander vereinbar sind. Bis zur Mitte des Jahrhunderts muss weltweit der Energiesektor ohne Kohle, Öl und Gas auskommen, in den Industrieländern früher. Dabei muss auf die CO2-intensivsten Brennstoffe – zuerst die Braun-, dann die Steinkohle – als erstes verzichtet werden. Bals: “Die Regierung Trump koordiniert den Abwehrkampf gegen den internationalen Kohleausstieg. Deutschland muss jetzt zeigen, dass es auf einem anderen Pfad ist.” Neben den Initiatoren sind an der Allianz unter anderem Mexiko, Frankreich, Finnland, Neuseeland, Italien und mehrere US-Bundesstaaten beteiligt. Alle diese Länder haben sich zu einem Enddatum für die Kohleverstromung verpflichtet, die Enddaten liegen zwischen 2021 und 2030.

Hinweis an Journalisten/innen bei der COP23 in Bonn: Die Kohleausstiegs-Allianz “Powering Past Coal” wird heute um 11:45 im Raum der EU-Delegation im Obergeschoss der Zone “Bula 3” (Nähe Medienzentrum) vorgestellt.

Experten/innen von Germanwatch stehen bei der COP23 für Rückfragen zur Verfügung.

Kontakt und Kontaktvermittlung für Medien:
Stefan Küper
Pressesprecher Germanwatch
(am besten per Handy erreichbar)

Germanwatch e.V.
Dr.Werner-Schuster-Haus
Kaiserstr. 201
D-53113 Bonn

Tel. +49 (0)228 / 604 92-23, Fax -19
mobil: 0151 / 252 110 72
E-Mail: kueper@germanwatch.org
www.germanwatch.org